Berufstaucher Thomas Borchert sucht Bomben unter Wasser
Thomas Borchert arbeitet seit rund einem Vierteljahrhundert als Berufstaucher. Seine Spezialgebiete sind das Suchen, Bergen und die Beseitigung von Kampfmitteln.
Der Taucher sitzt im Rostocker Hafen fest. Der 46-Jährige wartet darauf, dass sich der Wellengang auf der Ostsee beruhigt. „Bei zwei Meter Welle können wir nicht rausfahren und tauchen“, sagt Thomas Borchert während der Zwangspause. „Aber, hey, Berufstaucher, das ist ein Knochenjob. Da ist es gar nicht schlecht, zwischendurch mal etwas Kraft zu tanken.“
Berufstaucher ohne Kampfmittelerfahrung gibt es eine ganze Menge in Deutschland. Thomas Borchert hat sich daher spezialisiert: Sein Fachgebiet ist es, unter Wasser Kampfmittel jeglicher Art zu suchen und zu bergen, gegebenenfalls zu vernichten oder zu entschärfen. Bomben, Munition – alles, was knallt. Etliche Fortbildungen und Lehrgänge hat er besucht, hat Bücher gelesen und sich auf jede erdenkliche Art weitergebildet. „In diesem Job kann man keine Spinner gebrauchen“, sagt er. „Wenn Du einen Fehler machst, dann machst Du ihn nur einmal.“
Einsatz auf der Ostsee
Derzeit ist Borchert auf der Ostsee im Einsatz. Um 2.30 Uhr am Morgen verlässt sein Schiff den Hafen, gegen 5 Uhr erreicht es den Einsatzort. Windräder sollen an der Stelle im Meer aufgebaut werden. Experten haben vorab geprüft, ob sich in diesem Bereich möglicherweise explosive Überreste aus den Kriegen befinden könnten. An verdächtigen Stellen steigen der Munitionsberger und seine Taucher-Kollegen mit Metalldetektoren ins Wasser, um in sieben Metern Tiefe den Boden abzusuchen. Das Gerät erspürt Metalle, die bis zu sechs Meter unter dem Meeresgrund verborgen liegen. Jeder Tauchgang dauert etwa dreieinhalb Stunden.
Zeigt das Gerät einen Fund an, wird Borchert absolut ruhig und hochkonzentriert. Hektik ist gefährlich. „Meine Erfahrung zahlt sich aus – und ich bin ein sehr vorsichtiger Mensch.“ Langsam nähert er sich seitlich dem Metall-Fundstück, achtsam spült er es frei. Bei seiner Arbeit achtet er auf alle Details. Hat er dabei Angst? „Nein, bei Kampfmitteln bin ich Profi.“
Froschmann mit Leib und Seele
Seit 1992 ist Borchert in der Branche unterwegs. 16 Jahre lang hat er für eine große Kampfmittelbergungs-Firma gearbeitet, dann hat sich der Mann aus Frankfurt an der Oder selbstständig gemacht. „Es war an der Zeit, etwas Neues zu beginnen“, sagt er. Und dass dieser Job etwas mit Tauchen zu tun haben sollte, war für ihn selbstverständlich. „Ich bin mit Leib und Seele Froschmann. Ein Leben ohne Tauchen kann ich mir gar nicht vorstellen.“
So kommt es, dass Borchert auch in der Freizeit hin und wieder abtaucht. Ganz privat, ohne irgendwelche Aufträge. Früher hatte er auch als Tauchlehrer den Nachwuchs ausgebildet, doch dafür fehlt ihm inzwischen die Zeit. „Wenn ich zwischen meinen oft wochenlangen Einsätzen nach Hause komme, möchte ich die Zeit dann mit meiner Familie verbringen.“
Munition im Burggraben
An seinem Beruf mag der Spezialist, dass er ständig Abwechslung bietet. „Jeder Tauchgang ist anders“, sagt er. „Keiner gleicht dem anderen.“ Ein Auftrag, der ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, führte ihn nach Süddeutschland: In einem Burggraben wurde Munition vermutet. Also stieg der Taucher mit schwerem Gerät in die braune Brühe. Die Sicht lag bei Null, er konnte sich nur vorantasten – systematisch, langsam, ordentlich. Er fand amerikanische Handgranaten, originalverpackt und gesichert. Bei der Bergung gab es plötzlich einen Knall!
Die Granaten sind nicht explodiert – wohl aber ein Zünder. Mit den Jahren ist offenbar das Material schwach geworden. „Es ist nichts passiert, aber solche Momente brennen sich ein“, blickt er zurück. „Man kann vorab nicht alles berechnen und man kann sich nicht gegen alles schützen.“
Ein gewisses Risiko ist bei jedem Tauchgang dabei. (tap)
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