Abenteuer Liveaboard – Nun auch Fiji Siren gesunken
Warum er gerade dieses Liveaboard für seine Kunden gebucht habe, wurde der Inhaber eines grossen Reiseanbieters gefragt. „Weil es so schöne blaue Segel hat!“ so seine Antwort. Selbst gesehen hat er das Schiff nie. Nur die Bilder. Das Schiff gehörte zu einer Flotte von mehreren „schönen“ Schiffen. Fünf davon sind in der Zwischenzeit havariert – zuletzt am 15. November die Fiji Siren. Die Agentur vermittelt die Schiffe ihren „geschätzten“ Gästen auch weiterhin.
von Hanspeter Gsell
Wie risikoreich aber ist das Reisen auf einem Liveaboard wirklich? Vermutlich wesentlich weniger gefährlich, als mit dem Auto zum Flughafen zu fahren. Andererseits hat es – siehe Chronologie – in den letzten Jahren einige Unfälle und Vorfälle gegeben, die den aufmerksamen Taucher hellhörig werden lassen.
Hochseetauglich?
Ein bekannter Schiffsbauingenieur äusserte sich letzthin in einer Fachzeitschrift zu den Zuständen bei der Zertifizierung und Überprüfung von Liveaboards. „Da werden ältere Motorjachten und Fischkutter zu Liveaboards umgebaut, teilweise unter Vernachlässigung jeglicher schiffsbaulichen Grundlagen. Zusätzlicher Platz für Gäste? Kein Problem, da wird ein Deck einfach oben draufgebaut. Eine schicke Tauchplattform gewünscht? Auch kein Problem, hängen wir ans Heck!“ Aber auch Schiffe, die grundsätzlich eher für die Küstenschifffahrt geeignet sind, werden ohne entsprechende Seetauglichkeitsqualifikation plötzlich auf hoher See eingesetzt. Die leicht gebauten Schiffe haben keine Chance gegen die Urgewalten der Meere. Dazu gehören auch die wunderschön anzuschauenden Grosssegler, wie sie zum Beispiel in indonesischen Gewässern anzutreffen sind. Diese sind nur mit grösstem Vorbehalt für Fahrten durch stürmische See geeignet. Die Motorisierung – die Segel werden nur für das Fotoshooting gehisst – ist meistens völlig ungenügend, die Schiffe haben keine Chance gegen einen Sturm. Die Schiffskörper sind für die Küstenschifffahrt konzipiert und halten den gewaltigen Kräften von Wind und Wellen nicht stand.
Elegante Blender?
Andererseits wird aber ein beträchtlicher Aufwand getrieben, um den Schiffen ein schickes Aussehen zu verleihen. Stromlinienförmig, elegant und luxuriös müssen sie sein. Strukturelle Unzulänglichkeiten werden überdeckt, nur die minimalsten Anforderungen an die Sicherheitsausrüstungen werden erfüllt. Die zuständigen Behörden, die dies überprüfen müssten, sind heillos überfordert. Auf den Schiffswerften in den tropischen Ländern sind kaum qualifizierte Handwerker zu finden. Auch später an Bord tummeln sich „Schiffsingenieure“, die vielleicht einen kleinen Schiffsmotor zusammenflicken können, die jedoch angesichts hochkomplexer Antriebe völlig überfordert sind. Elektriker sind ebenfalls kaum zu finden, entsprechend sehen die Anlagen an Bord aus. Dass dann auch niemand eine Ahnung hat, wie ein Feuerlöscher funktioniert, und wie die Rettungsboote eingesetzt werden, ist die logische Konsequenz!
Die Sache mit dem Personal…
Bei einigen Unfällen hat es sich gezeigt, dass die verantwortlichen Schiffsführer völlig untauglich waren. Einige waren nicht einmal im Besitz eines entsprechenden Patents, anderen fehlte die Erfahrung. Ein Liveaboard durch ruhige Gewässer zu steuern ist eine Sache. Die schnell ändernden Wetterbedingungen in den Tropen, vom friedlichen ruhigen Wasser hin zum äusserst brutalen Sturm, sind jedoch eine ganz andere Herausforderung. Eine einzige falsche Entscheidung kann schon zur Katastrophe führen. Dass sogar ein ehemaliger Taxifahrer am Steuer eines Liveaboards eingesetzt wurde, verwundert niemanden, der die Szene kennt. Gute und erfahrene Kapitäne kosten Geld!
Überangebot drückt den Preis
Ein zentrales Problem mangelnder Sicherheit auf Liveaboards sind auch die Überkapazitäten der Flotten – Beispiel Raja Ampat. Vor wenigen Jahren noch waren nur wenige Liveaboards in dieser Gegend unterwegs. Heute sind es fast 40 Schiffe! Doch nicht alle operieren profitabel, das Überangebot nimmt Einfluss auf die Preise. Promotionen und dauerhafte Sonderangebote aber drücken die Rentabilität auf ein gefährlich tiefes Niveau. Und das Resultat dieser Form der Preistreiberei? Die Sicherheit leidet! Hochglanzprospekte lassen so manchen Taucher jeden Gedanken an Sicherheit vergessen. Reisebüros aber dürfen ihre Gäste nicht fahrlässig Gefahren aussetzen. Da es den Behörden kaum je gelingen wird, weltweite Sicherheitsstandards für Liveaboards festzulegen, geschweige denn diese auch durchzusetzen, sind hierbei die Reiseanbieter gefordert! Deshalb mein Appell: Unternehmen Sie etwas gegen den Schlendrian!
C H R O N O L O G I E D E R B E K A N N T E S T E N U N F Ä L L E :
¬ 14. 11.2017 sinkt die FIJI SIREN, sie schlägt an einem Riff leck und sinkt. Keiner der an Bord befindlichen Gäste und Crew-Mitglieder kommen zu Schaden
¬ Am 03.08.2015 schlägt die PALAU SIREN auf dem Weg zum berühmten Jelly Fish Lake in schwerer See leck, während die Hälfte der Gäste noch beim Tauchen weilt. Keiner der 13 an Bord befindlichen Gäste und Crew-Mitglieder kommt zu Schaden.
¬ Am 31.03.2015 wirft der Taifun Maysak die TRUK SIREN auf ein Riff und läuft voll Wasser.
¬ Am 09.02.2014 fängt die BLUE STAR Feuer und sinkt in burmesischen Gewässern. Alle Passagiere werden gerettet. Grund des Feuers war laut unbestätigten Quellen ein Kurzschluss.
¬ Am 02.02.2014 müssen Passagiere und Crew die BUNMEE fluchtartig verlassen, nachdem das Schiff Feuer gefangen hatte. Die Ursache des Brandes bleibt ungeklärt.
¬ Am 29.01.2014 sinkt die ALADDIN auf einem Trip durch die Andamanen See. Weder war das Schiff offiziell registriert, noch hatte es die Erlaubnis in den Gewässern zwischen Bon Island und Tachai Island zu operieren. Der Kapitän besass keine gültige Lizenz.
¬ Im April 2013 sinkt die SOUTH MOON nach dem Zusammenstoss mit einem „unbekannten Objekt“ im Roten Meer.
¬ 29.12.2012: Als die Gäste von ihrem Tauchgang im nördlichen Raja Ampat zurückkehren, steht die MANDARIN SIREN in Flammen und sinkt. Ein Wäschetrockner hatte Feuer gefangen.
¬ Am 07.06.2012 muss die ORIENTAL SIREN in der Nähe von Layang Layang verlassen werden, nachdem sie im stürmischen Wetter Leck geschlagen war.
¬ Im März 2009 gerät die DIVE ASIA I vor den Similan Inseln in eine Windhose und sinkt binnen einer Minute. Tragische Bilanz: 7 ertrunkene Taucher.
¬ Im September 2010 sinkt die BLUE DRAGON 2 in der Nähe von Komodo, nachdem sie ein Riff gerammt hatte.
¬ Der wohl schlimmste Unfall ereignete sich im Oktober 2001 in Belize als ein Hurrikan die WAVE DANCER komplett zerstörte. 20 Taucher starben.
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2 comments
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Das ist ein interessanter und wichtiger Bericht. Hatte selbst noch nicht die Möglichkeit dafür aber man muss da wirklich die Ships genau unter die Lupe nehmen!!!
danke für diesen guten und wichtigen bericht! das hilft sehr, eine bessere einschätzung zu machen, welches LOB man künftig wählt. eines aus der siren flotte hätte ich zwar aufgrund der historie ohnehin nicht gebucht, aber es hilft zu wissen, worauf man auch als laie schauen kann hinsichtlich bauweise und route (küste/hochsee etc.). einige schiffe fahren ja zur erreichung des tauchgebietes lange strecken über offenes meer.