by Redaktion | 12. April 2015 16:53
Rätselhafte Tiefsee: Die Meeresbereiche unterhalb von 1000 Metern sind bestimmt von ewiger Dunkelheit, hohem Druck und eisigen Temperaturen. Sogar der Mond ist besser erforscht. Doch spätestens seit Donald Walsh und Jaques Piccard im Jahr 1960 mit der „Triest“ elf Kilometer tief in den Marianengraben getaucht sind, ist klar – dort unten gibt es Leben.
Das U-Boot der beiden Abenteurer ist nun als Modell im Deutschen Meeresmuseum zu sehen. Das ganze Jahr über dreht sich in dem Museum und im zugehörigen Ozeaneum alles um das Thema „Expedition Tiefsee“. Die Besucher sehen neue Ausstellungsstationen und Aquarien – und erhalten so Einblicke in den am wenigsten erforschten Bereich der Erde.
Lichtkegel einer Taschenlampe
„Unser Planet müsste eigentlich Tiefsee heißen, denn zu ihr zählen mehr als 60 Prozent der Erdoberfläche“, sagt Harald Benke, Direktor des Deutschen Meeresmuseums. „Gemessen an der Größe des Lebensraumes ist unser Wissen über die Tiefsee mit dem Lichtkegel einer Taschenlampe im dunklen Keller vergleichbar.“
Im Dämmerlicht des neuen Tiefseesaales im Meeresmuseums betrachten Besucher nun Modelle von bizarren Tiefseelebewesen. Darunter sind der Schwarze Drachenfisch mit seinem großen, an eine Heuschrecke erinnernden Unterkiefer, der nahezu auf Maul und Magen reduzierte Pelikanaal und der lichterzeugende Silberbeilfisch.
Wie ein Vampir
„Publikumsliebling könnte die ein Meter große, originalgetreue Nachbildung eines Höllen-Vampirs werden“, heißt es im Meeresmuseum. Seinen Namen verdankt der Tintenfisch den Häuten, die sich zwischen seinen acht Armen spannen. Der in Tiefen von 800 bis 1500 Meter lebende Kopffüßer hat bläulich schimmernde, sehr große Augen und an den Enden seiner Fangarme Lichtorgane, die an Krallen erinnern. Hautlappen und Leuchtorgane lassen den Tintenfisch in der Dunkelheit wie einen Vampir aussehen.
Ein Diorama zeigt die knochigen Überreste eines Walkadavers auf dem Meeresboden. In den kargen Tiefsee-Ebenen sind tote Wale wie Oasen in einer Wüste: Sie ernähren mehr als 200 Tierarten mehrere Jahrzehnte lang. Die halbkreisförmige Szenerie hinter Glas gestalteten die Museumsmitarbeiter mit echten Pottwalrippen und –wirbeln, 15 handgefertigten Plastiken von Schleimaalen, Haien und Tiefseefischen, aber auch mit Tiefseekrabben und einer Riesenassel.
Geheimnisvolles Leuchten
In einem weiteren Saal ist die Sonderausstellung „Kaltwasserkorallen in unseren Meeren“ eingerichtet. Beteiligt daran waren auch der WWF und das Wilhelmshavener Senckenberg Institut. Zwölf Ausstellungstafeln informieren über das Leben der Korallen in der Dunkelheit. Hingucker sind vier fast deckenhohe Nachbildungen von Korallenpolypen, die zum Teil frei im Raum stehen und geheimnisvoll leuchten.
Mehr als zwei Jahre haben die Aquarienmitarbeiter hinter den Kulissen des Museums Erfahrungen in der Haltung von Kaltwasserkorallen gesammelt. Nun sind die ersten filigranen, weiß bis blass-rosa farbigen Steinkorallen in drei großen Aquarien zu sehen. Das Tiefsee-Korallenriff beleben außerdem zerbrechliche Schlangensterne, Furchenkrebse und Gorgonenhäupter. Zudem sollen noch Gorgonien und eine Kaugummi-Koralle einziehen.
Königsdisziplin der Aquaristik
„Wer die Schönheiten der Dunkelheit im Ozeaneum betrachten möchte, muss kleine Spotlichter anschalten“, erklärt Harald Benke. Denn anders als ihre tropischen Artgenossen brauchen Kaltwasserkorallen kein Licht zum Leben. Die Korallenpolypen ernähren sich von im Ozeaneum gezüchtetem Plankton. Diese Lebensweise setzt spezielle Strömungsverhältnisse sowie exzellente Wasserwerte in den Becken voraus und macht die Haltung von Kaltwasserkorallen zur Königsdisziplin in der Aquaristik. Die Planung und der Bau der neuen Aquarien dauerte mehr als ein Jahr.
Im Ozeaneum führt die Route vorbei an einem sieben Meter hohen Tiefseebanner. Es vermittelt die Dimensionen zwischen der vertrauten, noch lichtdurchlässigen Dämmerzone und der Tiefsee. Neben der aus biologischer Sicht bedeutungsvollen Lebewelt spielen für die Wirtschaft vor allem die Ressourcen der Tiefsee eine entscheidende Rolle.
Pottwal gegen Riesenkalmar
Die Dauerausstellung „Erforschung und Nutzung der Meere“ zeigt, wie mit sogenannten ROVs (Remotely Operated Vehicles), Fotoschlitten und Tiefseelandern der Meeresboden auf der Suche nach Erzen erkundet wird. Am Ende der Expedition Tiefsee im Ozeaneum veranschaulichen die lebensgroßen Modelle eines Pottwals und eines Riesenkalmars einen erdachten Tiefseekampf, der noch nie beobachtet wurde. Die Szene steht laut Museumsangaben stellvertretend dafür, dass die meisten Geheimnisse der Tiefsee noch gelüftet werden müssen.
Ozeaneum und Meeresmuseum haben Flyer erstellt, die über die Ausstellung informieren und im Netz heruntergeladen werden können.
„Expedition Tiefsee“: So lautet das Themenjahr 2015 im Deutschen Meeresmuseum und im zugehörigen Ozeaneum. Besucher der Ausstellung im norddeutschen Stralsund tauchen ein in diese kaum erforschte Welt.
Source URL: http://www.aquanaut.ch/besucher-gehen-im-deutschen-meeresmuseum-auf-expedition-tiefsee/
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